[D&D] Dungeon of the Mad Mage: Mein Eindruck

Mit Waterdeep: Dungeon of the Mad Mage hat Wizards of the Coast am 09.11.2018 ein 320 Seiten starker Kampagnenband für Dungeons & Dragons veröffentlicht. Er führt eine Gruppe tapferer Held:innen ab Stufe 5 in die Tiefen des Untermountain, zu welchem es in der berühmten Taverne „The Yawning Portal“ einen Zugang gibt. In 23 Ebenen wird das Zuhause des berüchtigten Magiers Halaster Blackcloak detailiert beschrieben, sowie der zwielichtige Untergrundort Skullport.

Coronapandemiebedingt habe ich meine Gruppe via Roll20 in den Untermountain geschickt und dort das entsprechende Abenteuermodul erworben. Dieser Artikel bezieht sich somit sowohl auf Buchband als auch das digitale Modul des Virtual Tabletops.

Bietet der Dungeon des Verrückten Magies fröhlichen Spielspaß oder eher Dungeoncrawl-Frust? Ich bleibe hier spoilerfrei, damit sowohl Spieler:innen als auch Spielleiter:innen bedenkenlos sich einen Eindruck verschaffen können. Der Kampagnenband hat rein inhaltlich für mein Empfinden sowohl online als auch offline spürbare Stolpersteine. Wie ich mit diesen umgegangen bin und doch noch viele spannende Spielabende gestalten konnte, erfahrt ihr in diesem Blogpost.

Der Aufbau

Die Printversion des Kampagnenbands verfolgt eine klar strukturierte Einteilung. Nach einer Aufschlüsselung der verwendeten Symbole folgt ein zusammenfassender Überblick über das Gesamtwerk und den Inhalt der Kampagne. Danach kommen dreiundzwanzig Kapitel, die den einzelnen Ebenen des Untermountain entsprechen. Jede Ebene besitzt eine kurze Zusammenfassung der Situation und besonderen Gegebenheiten sowie eine Dungeonmap. Gänge, Kammern und Räume sind durchnummeriert und werden in nummerischer Reihenfolge beschrieben. Nach dem dreiundzwanzigsten Kapitel folgt ein Kapitel über Skullport, ebenfalls mit Dungeonmap ausgestattet und Beschreibung zur Bespielung des zwielichtigen Ortes. Als Anhang folgen die Stats einiger besonderer Monster und NPC und natürlich auch von Halaster Blackcloak himself. Mit dem Elder Rune Deck und dem Secrets Deck finden die Anhänge rasch zu einem Ende.

Das Roll20-Modul folgt streng dem Aufbau des Druckwerks. Alle Dungeonebenen liegen als vorbereitete, separate Map vor. Auch die Texte finden sich im Journal 1:1 dem Buch entsprechend. Erfreulich ist, dass die Stats von sämtlichen Monstern im Untermountain integriert wurden und somit direkt im Modul aufgerufen werden können (samt passendem Token).

Das Hardcoverbuch fühlt sich hochwertig an, besitzt stimmige Illustrationen und ein angenehmes Textlayout. Das Coverbild gibt einen ersten Eindruck von manchen Inhalten sowie von Halaster selbst, wobei mir persönlich unter Betrachtung seines Titels „Mad Mage“ die Darstellung bei seinen Stats im Anhang deutlich besser gefällt. Sie zeigt ein deutlich anderes Mindset als die Halasterversion vom Cover.

Ab in den Dungeon

Sollte die Gruppe Waterdeep: Dragon Heist gespielt haben, wird ihr das Yawning Portal und der sich im Schankraum befindende Schacht bekannt sein. Es werden einige Adventure hooks und Quests angeboten, welche die Gruppe in die Tiefe locken sollen. Vorgesehen ist, dass die Gruppe immer wieder an die Oberfläche zurückkehren kann, um Quests zu beenden und neue zu bekommen. Eine zentrale Hauptquest bzw. Kampagnenaufhänger gibt es nicht.

Die Gestaltung

Jede Ebene bietet neben einer individuellen optischen Gestaltung des Dungeons auch eine eigene Dynamik und eine Ausgangslage, in welche die Abenteuergruppe hineingerät. Die Dungeonmaps sind im Buch als Grid auf einer Seite dargestellt. Roll20 hat diese Karten ohne Veränderung oder Ergänzung übernommen. Es gibt auch keine graphische Aufwertung von Gängen, Räumen oder Kavernen. Die Roll20-Maps sind nüchterne Battlemaps in schwarz-weiß. Hier wäre eine graphische Aufwertung, wenn auch nur dezent, sehr erfreulich gewesen. Jede Ebene ist mit Encountern ausgestaltet, sodass nach einer vollständigen Erkundung ein Levelup möglich ist.

Eine … Kampagne?

Schon früh haben sich für mich als DM hier deutliche Fragezeichen aufgetan. Einerseits sind die einzelnen Ebenen mit Liebe zum Detail abwechslungsreich gestaltet. Andererseits sind sie derart groß angelegt, dass ich mich frage, in welchem Spieltempo man diese spielen müsste, um in realistischer Zeit wirklich vollständig durch den Untermountain kommen zu können. Schon bei der ersten Ebene haben wir festgestellt, dass wohl nur eine schnöde Dungeoncrawl-Methodik und Abarbeitung der zahlreichen Encounter hier rasch genug von Raum zu Raum führen würde. Gerade die vielen kleinen Encounter sind nur mäßig spannend und bremsen den Spielfuß. Das Gefühl, etwas großes Ganzes zu spielen, sich wirklich auf die Spur des Mad Mage zu begeben, kommt so nicht auf.

Die Ebenen sind inhaltlich nur von der erforderlichen Stufe her verbunden. Die übergeordnete Story ist derart dünn, dass sie kaum relevant ist und bei langsamen Spieltempo in Vergessenheit gerät. Wie Dungeons in dieser Größe am Spieltisch auf einer Battlemap spielbar seinen sollen, ist mir derzeit nicht klar. Alles aufzuzeichnen ist unmöglich. Wie sollen da die Spieler:innen den Überblick behalten? Hier ist Roll20 mit den vorgefertigten Battlemaps ein großer Pluspunkt. Leider jedoch wird die Größe der Dungeonebenen auch hier zum Stolperstein: Dynamic Lighting, ein wirklich tolles Feature, insbesondere für Dungeons, hat bei uns aufgrund der Größe der Maps nicht funktioniert. Zudem war es ein Stück weit enttäuschend, dass man auch hier online nur die Schwarz-Weiß-Buchversion der Dungeons präsentiert bekommt. Liegt es an der Größe der Maps oder lizenzrechtliche Beschränkungen, warum hier graphisch wirklich nichts geboten wird? Nach den ersten Spielabenden war mir klar, dass ich als DM handeln muss, damit der Waterdeeper Untermountain nicht zum unterirdischen Spielspaß verkommt.

Meine Lösung

Seit wir schweren Herzens auf Dynamic Lightning in Roll20 verzichten, bedienen sich die Maps für alle deutlich besser. Es bleibt die Extraarbeit als DM, den Fog of War manuell aufdecken zu müssen, aber das ist es wert. Weiterhin gibt es in den Raumbeschreibungen oft konkrete Hinweise auf die Einrichtung. Auch im Gratiskontent der verfügbaren Assets in Roll20 gibt es genügend Material, zumindest die Räume symbolisch einzurichten. Alles erscheint besser, als nur auf den s/w-Dungeongrid für viele Stunden zu starren. Die Performance hat dadurch bei keinem gelitten.

Jede Ebene für sich betrachtet bietet so viel, dass es eigentlich ein eigenes abgeschlossenes Abenteuer sein sollte. Dafür aber wiederum fehlt die storytechnische Gestaltung, die ja doch nur darauf ausgelegt ist, die Gruppe zur nächsten Ebene durchzuschleusen. Die Spannung eines Metaplots kommt so nicht auf. Ich habe passend zur Gruppe eine eigene Story entwickelt und diese auf einige wenige (!) ausgewählte Ebenen verteilt und gestaltet. Generell bieten die Dungeons so viel Möglichkeiten, sie mit Sidequests zu füllen, dass es gar nicht nötig ist, die Gruppe durch den gesamten Untermountain zu jagen. Zudem habe ich manche Bereiche durch „Geröll“ verschlossen, um zu Gunsten der Spannung inhaltlich zu verdichten und zu fokussieren.

Wirklich gut finde ich die Idee (stammt nicht von mir), das Werk als Sammelband von pre-made Dungeons zu betrachten, nicht als Spielkampagne. Jede Ebene eignet sich hervorragend als Ergänzung zu einer beliebigen anderen Kampagne oder natürlich auch in der Homebrew-Spielwelt. Die wenigen Anspielungen auf den Untermountain können problemlos abgewandelt und gegebenfalls die Gegner auf die aktuelle Stufe der Gruppe angepasst werden. Mit wenig Aufwand hat man einen bespielbaren fertigen Dungeon an der Hand, der eine schöne Ergänzung und Abwechslung darstellen kann.

Fazit

Waterdeep: Dungeon of the Mad Mage bietet über zwanzig vorgefertigte Dungeons, die inhaltlich lose zusammenhängen. Jeder Dungeon besitzt eine individuelle Gestaltung, Thematik und Eigendynamik. Die übergeordnete Story bzgl. des Mad Mage ist spärlich und ist als Gesamtkampagne zu wenig spürbar und spannend. Das entsprechende Roll20-Modul ist inhaltlich vollständig und bietet den großen Vorteil, die gewaltigen Dungeons auf eine Battlemap begehbar zu machen. Aufgrund der Größe hat bei uns Dynamic Lightning leider nicht funktioniert, was sehr zur Stimmung beigetragen hätte. Zudem ist die reine Schwarz-Weiß-Gestaltung optisch enttäuschend.

Mit Bereitschaft zur deutlichen Eigenleistung kann man als DM jedoch aus einzelnen Ebenen viel herausholen, sei es als Sidequest zur eigenen Kampagne oder im Rahmen einer selbst gestalteten Kampagne im Untermountain. Sich in diesem Fall auf einige wenige Ebenen zu beschränken ist sehr zu empfehlen, da eine Erkundung mit Fokus auf Figurdarstellung und Ambiente einer einzelnen Ebene sehr lange dauert. Einigt sich eine Gruppe auf einen Dungeoncrawl im Diablo-Gedächtnis-Stil, wird es deutlich schneller gehen und alle Ebenen können zum Einsatz kommen.

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