Alles ist vergänglich – Der Tod im Rollenspiel

Das dienstälteste Pen&Paper-Rollenspiel ist Dungeons & Dragons, liegt mittlerweile in der fünften Edition vor und erfreut sich großer Beliebtheit. Seit geraumer Zeit haben auch wir eine D&D-Kampagne laufen und beim großen Finale eines Erzählabschnittes haben die Lebenspunkte einer Spielfigur die kritische Schwelle überschritten. Was nun? Tod – oder doch nicht?

Zunächst muss ich feststellen: Bei mir ist schon sehr lange kein Spielercharakter gestorben, weder als DM, noch als Spieler. Früher hingegen kam das durchaus öfter vor. Woran liegt das? Sicherlich bestimmt die Spielrunde bzw. der Spielleiter / die Spielleiterin, wie gefährlich die Story für die Gruppe sein soll. Wenn man also möchte, kann die Gefahr des Ablebens für die Charaktere minimiert werden. Aber macht das Sinn? Sinn macht, was die Gruppe will. Man sollte sich bei diesem Punkt grundsätzlich einig sein. Wenn alle dafür sind, dass nicht gestorben wird, weil man die vorgefertigte Kampagne XY spielen will, dann ist es absolut in Ordnung. Jede Spielrunde muss und kann das für sich entscheiden. Im Gegenzug alles derart gefährlich zu halten, dass man Charaktere am besten am dicken Abreißblock bereit hat und nur den Namen einsetzen muss, weil sie sterben wie die Fliegen, ist das andere Extrem, und nicht unbedingt zielführend. Wenn die Spielfiguren beliebig ohne große Überlegungen ausgesucht werden, ist deren Ausscheiden kaum relevant, weil man einfach den Nächsten nimmt. Die Bedrohung, zu sterben, wird kaum jemanden am Spieltisch interessieren („Can I have your stuff?“).

Was spricht für den Tod einer Spielerfigur?

Wenn eine grundsätzliche und moderate, aber durchaus spürbare Gefahr von der Welt ausgeht, erzeugt das Nervenkitzel und Spannung. Jeder Kampf ist gefährlich und Rückzug ist eine reale Option, um dem Tod zu entgehen. Keine Handlungsmöglichkeit mehr zu haben sollte vermieden werden. Wenn man als SpielerIn noch agieren kann und dann dennoch das Unvermeidliche eintritt, ist es etwas Anderes, als wenn es nach Würfelergebnis lapidar heißt „Deine Figur ist tot.“ Wenn man alles versucht hat, wenn die Gefährten alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, dann ist ein tragisches Ende annehmbar.

Wenn das Ableben zudem erzählerisch und heroisch gestaltet wird, kann der Moment zwar bitter sein, aber epische Größe erreichen. Der Spielleiter / die Spielleiterin könnte dem Spieler / der Spielerin beispielsweise noch eine letzte heldenhafte Aktion zugestehen, die entscheidenden Einfluss auf das Spiel hat, oder die berühmten „letzten Worte“ formulieren lassen. Das „wie“ ist also meines Erachtens nach ganz entscheidend, ob der Tod der Spielfigur letztendlich akzeptiert werden kann. Es kann einen unheimlichen Boost für die weitere Kampagne geben und die Intensität spürbar steigern. Sehr wahrscheinlich gibt es einen Gegner, der gerade zum Erzfeind geworden ist. Diesen nun grimmig zu verfolgen, um ihn irgendwann stellen zu können – das ist ganz großes Kino!

Was spricht gegen den Tod einer Spielerfigur?

Oftmals wird viel Überlegung und penible Auswahl bei der Entscheidung für einen Charakter an den Tag gelegt. Manchmal kommen noch ausführliche und komplexe Hintergrundgeschichten dazu, die sich der Spieler / die Spielerin voller Eifer für die Figur ausdenkt. Die dann womöglich noch eher zu Beginn der Heldenkarriere dahinscheiden zu lassen, ist denkbar bitter. Der Spieler / die Spielerin hat viel Mühe und Zeit investiert, um die Figur interessant zu gestalten, wenn sie dann verfrüht stirbt, kann das sehr enttäuschend sein. Es kann solchen Spielern / Spielerinnen nachhaltig die Laune verderben und mag darin münden, dass schlichtweg derselbe Charakter mit wenig Abwandlungen nochmal erschaffen wird, weil man sich eben genau diese Figur eingebildet hat, oder man sogar überhaupt keine Lust mehr hat zu spielen.

Spielt man keine selbst entwickelte Kampagne, sondern Kaufabenteuer wie beispielsweise die Borbarad-Kampagne oder die Phileasson-Saga (beides DSA), ist das Ausscheiden einer Figur sehr unschön. Sicherlich kann der DM immer Einstiegsmöglichkeiten für eine neue Figur finden, aber es ist eben nicht dasselbe wie mit einer festen Gruppe vom Anfang bis zum Ende. Statt dem Tod für eine Spielfigur kann man zu Alternativen greifen. Eine schwere Verletzung, die lange zum Verheilen braucht oder gar zu einer dauerhaften Beeinträchtigung wird, eine Nahtod-Erfahrung, oder etwas Passendes zum aktuellen Spielgeschehen kann das Ableben einer Spielfigur ersetzen, aber trotzdem für Drama und Konsequenzen sorgen.

Und nun?

Das sind sicherlich nur einige Punkte, die mir spontan als Pro und Contra einfallen. Wie sehe ich das nun? Für mich ist die Entscheidung (als DM wie auch als Spieler) ganz klar: Charaktere können sterben. Die Welt muss gefährlich sein und dieses Gefühl der Gefahr kann nur generiert werden, wenn das Leben der Spielfigur hin und wieder auf dem Spiel steht. Wer wie ich sich unaufgefordert und eigenmächtig ausschweifende Gedanken bzgl. Hintergrund zu seiner Figur macht – Pech. Ja, das sehe ich tatsächlich so, wobei ich dann wie oben beschrieben auf das „wie“ großen Wert legen würde, ebenso wäre ein Tod ohne große Handlungsmöglichkeit auch eher ärgerlich. Aber ansonsten: So be it.

Als Geschichtenerzähler weiß ich um die Kraft und Möglichkeiten eines solchen Ereignisses, und daher würde ich es niemals gänzlich als Option aus der Spielrunde verbannen. Ich kann euch nur auffordern, in eurer Runde einmal darüber zu sprechen, damit man auf einem Nenner ist, und auch jeder weiß, woran er ist. Es hilft vielleicht auch, sich zu Beginn einer Kampagne gleich zwei Figuren zu überlegen. Dann liegt der emotionale Fokus nicht komplett auf einem Charakter und der zweite ist spielbereit in der Schublade. Der kann dann zur Gruppe dazustoßen und sich dem Feldzug für Gerechtigkeit anschließen …

Wie sind eure Erfahrungen mit dem Tod einer Spielfigur?
Schreibt es mir gerne in den Kommentaren.

PS: In unserem aktuellen Fall habe ich die Schlacht gegen die Dämonenkreatur zunächst zu Ende laufen lassen, dann aber mangels vorheriger Absprache Outgame in die Runde gefragt, wie wir es handhaben wollen. Wir haben uns für ein Weiterleben entschieden, und da es gute Möglichkeiten gab, dies auch InGame darzustellen, haben wir uns für diese Lösung entschieden. Wie jedoch oben geschrieben, ist das für die Spielfigur nicht ohne Konsequenzen geblieben … 😉

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